Margarete Dessoff
(1874-1944)
Schülerin und Dozentin an Dr.
Hoch’s Konservatorium in Frankfurt am Main
Gesanglehrerin
und Chordirigentin in Frankfurt und New York
Gründerin des Dessoff'schen
Frauenchors in Frankfurt und der Dessoff Choirs in
New York
* * *
Student and lecturer at Dr.
Hoch's Konservatorium in Frankfurt am Main
Voice
teacher and choir director in Frankfurt and New York
Founder of the Dessoff'scher
Frauenchor in Frankfurt and the Dessoff Choirs in
New York
Margarete Dessoff, New York ca. 1926 (Foto privat/private photo)
Bibliography
/ Literatur
First Performance Anywhere
Margarete Dessoff (1874-1944),
eine bedeutende Chordirigentin
Sabine Fröhlich: Musiktheorie, 20. Jahrgang 2005, Heft 1, S. 61-85
Felix Otto
Dessoff (1835-1892)
Ein Dirigent, Komponist und Weggefährte von Johannes Brahms
Joachim Draheim und Gerhard Albert Jahn (Hrsg.): Musikverlag
Katzbichler, München, o. J. (2001?)
Das Hoch'sche
Konservatorium
in Frankfurt am Main
(1878-1978)
Peter Cahn: Waldemar Kramer, Frankfurt am Main, 1979
Margarete Dessoff. Chordirigentin auf dem Weg in die Moderne. Eine Biographie.
Sabine Fröhlich. Wolke Verlag, Hofheim 2020
Radio
Programmes / Rundfunk Sendungen
Margarete Dessoff: Ein Porträt
by / von Sabine Fröhlich
Hessischer Rundfunk: 07.01.2004
Die Dessoff Chöre
Frankfurt und New York
1907
- 2007
Dr.
Hoch's Konservatorium feiert 100 Jahre Dessoff Chöre.
Das
erste Konzert unter der Leitung von "Gretchen" Dessoff, einer
früheren Schülerin und späteren Leiterin
eines
Schülerinnenchors an Dr. Hoch's Konservatorium fand am 16.
März 1907 im Saal des Konservatoriums statt. Margarete Dessoff
(1874 - 1944) war eine Liebhaberin der Alten Musik und engagierte sich
auch für die Werke unbekannter Komponisten ihrer Zeit. Sie
gründete und leitete verschiedene Chöre und Ensembles
in
Frankfurt und später in New York, wo noch heute The Dessoff
Choirs singen.
Am 16. März 2007 werden Werke aus zwei frühen
Konzerten von
Frau Dessoff aufgeführt: aus dem ersten Programm ihrer
Madrigalvereinigung
von 1919 deutsche, englische und italienische
Madrigale, und aus dem ersten Konzert ihres Frauenchors - dem
allerersten "Dessoff-Konzert" vom 16. März 1907 - Werke von
Hasse,
Brahms, Haydn, Herzogenberg, Schubert, sowie zwei Stücke von Anton
Urspruch und Ludwig
Thuille, deren 100. Todestage mit der
Wiederaufführung dieses Programms verbunden sind.
The Dessoff Choirs
Frankfurt and New York
1907 - 2007
Dr.
Hoch's Konservatorium in Frankfurt am Main, Germany is
celebrating
one hundred years since the first performance of a Dessoff Choir. The
Dessoff'scher Frauenchor
gave its debut on March 16, 1907 in the
concert hall of
Dr. Hoch's Konservatorium in Frankfurt. The director,
Margarete Dessoff, studied voice and later directed the women's chorus
at the Konservatorium. Dessoff's singing career was cut short when a
famous opera singer teaching at Dr. Hoch's apparently ruined her voice.
She regained it through private lessons, but had she not lost her voice
she might never have become a well-known and well-loved choral director!
Margarete Dessoff was committed to the performance of early, rarely
heard music as well as unknown works of young composers. She was born
in 1874 in Vienna and came to Frankfurt when she was six years old, her
father (Felix Otto Dessoff) having been appointed conductor of the Frankfurt
Opera. In addition to the Dessoff'scher
Frauenchor, which soon became
famous throughout Germany, she also directed the Frankfurter
Bachgemeinde
for several years and in 1918 founded one of the first
madrigal ensembles in Germany.
The Institute of Musical
Art (later Juilliard School of Music)
was
founded in 1905 with the European conservatories as its model. Earlier,
many young musicians had felt the need to study in Europe: American
Edward MacDowell and Australian Percy Grainger both studied at the
Konservatorium in Frankfurt. Having Clara Schumann on the faculty had
made the Konservatorium very well known: in 1890 there were 23
Americans studying there. Several teachers from Dr. Hoch's
Konservatorium taught later at Juilliard. At the
height of inflation in
the 20's Margarete Dessoff answered an invitation to become chorus
director there. Her newly founded choirs in New York flourished until
her early retirement, due to an accident, in 1936. As a return to Nazi
Germany was impossible for her, she retired to Locarno, Switzerland,
where she died in 1944.
The celebration concert will take place on March 16, 2007 - exactly 100
years since the first concert, but this time in the newly built Clara
Schumann Saal at the Konservatorium. The Vokalensemble Alta Musica,
together with students and teachers from Dr. Hoch's under the direction
of Edmund
Brownless will perform works from the first concert in 1907
by Hasse, Brahms, Herzogenberg, Schubert, Urspruch and Thuille.
Both
Urspruch
(a teacher at Dr. Hoch's) and Thuille
had died shortly before
the concert. A group of madrigals from Dessoff's first madrigal concert
in 1919 will also be performed. Much of the music which Margarete
Dessoff had discovered and performed during her 20 years in Frankfurt
can also be found in the later programmes of The Dessoff Choirs
in New
York.
Margarete Dessoff
“Die Gesanglehrerin Fräulein Gretchen Dessoff gab am
Samstag
Abend im Saale des Dr. Hochschen Konservatoriums mit dem von ihr
geleiteten Frauenchor, der zirka 35 Mitglieder zählt, ein
gutbesuchtes Konzert...”, so schrieb im März 1907
der
Kritiker des Generalanzeigers.
Es war ein Konzert, wie
die Frankfurter
Zeitung berichtete, das “...auch
nach der künstlerischen Seite hin einen für ein so
junges
Unternehmen, wie dieser Chor repräsentiert,
beifallswürdigen
Verlauf nahm...”
Als der Dessoff’sche
Frauenchor am 16. März
1907 sein erstes Konzert gab, bestand er schon seit über drei
Jahren. Entstanden war er aus einem Kreis von
Gesangschülerinnen
von Margarete (“Gretchen”) Dessoff, die gemeinsam
mit
anderen “musikalischen, stimmbegabten Damen”
mehrstimmig
musizieren und vor allem alte a cappella-Musik kennenlernen wollten.
Der große Erfolg auf der Konzertbühne, besonders mit
den
Frauenchören von Brahms, ließ den Chor bald auf
über
hundert Sängerinnen wachsen. Das Repertoire enthielt neben der
zu
jener Zeit wenig gepflegten alten Literatur aus Barock und Renaissance
auch zahlreiche Werke unbekannter zeitgenössischer
Komponisten.
Margarete Dessoff wurde 1874 in Wien geboren und kam mit sechs Jahren
nach Frankfurt, als ihr Vater, der Dirigent Felix Otto Dessoff, zum
Kapellmeister des Opernorchesters berufen wurde. Sie studierte Gesang
an Dr. Hoch’s
Konservatorium, wo sie später selbst
eine
Chor-Klasse unterrichtete. Neben dem Dessoff’schen
Frauenchor leitete sie mehrere Jahre die Frankfurter
Bachgemeinde und gründete 1918 eine der ersten
Madrigalvereinigungen in Deutschland, die auch Konzertreisen unternahm.
Nach deren erstem Konzert am 26. Mai 1919 schrieb die Frankfurter
Zeitung:
“...Der kleine Chor sang mit großer Frische und
Präzision. Nur die Tenöre müssen in die
außerordentlichen Aufgaben, die ihnen die alte a
cappella-Kunst
stellt, noch hineinwachsen. Der Erfolg war durchschlagend. Er zeigt,
wie dankbar es in Frankfurt empfunden wird, daß diese Gattung
der
Musik nach jahrzehntelanger Vernachlässigung wieder
systematisch
gepflegt werden soll...”
Auf dem Höhepunkt der Inflation folgte Margarete Dessoff einer
Einladung nach New York, wo sie als Chorus Director am
Institute of Musical Art,
einer Musikakademie nach dem Vorbild der
europäischen Konservatorien arbeitete. Sie gründete
in den
1920er Jahren mehrere Chöre, den Frauenchor Adesdi,
den gemischten Chor The
New York A Cappella Singers sowie
die Vecchi
Singers, mit denen sie 1933 die amerikanische
Uraufführung der Madrigalkomödie L’Amfiparnaso
von Orazio Vecchi realisierte. Neben
ihrer Liebe zur Alten Musik führte sie mit Mut zum Risiko die
Werke junger und unbekannter Komponisten auf. Ihre mit
künstlerischer Intelligenz gestalteten Programme und Konzerte
regten zeitgenössische Komponisten zu neuen Werken
für den
Chorgesang an, darunter Hans Gál, Erwin Lendvai, Hugo
Herrmann,
Marion Bauer, Lazare Saminsky u.a..
Nach dem Rückzug aus dem aktiven Musikleben war ihr eine
Rückkehr in das inzwischen von den Nazis beherrschte
Deutschland
nicht möglich. Sie emigrierte in die Schweiz, wo sie 1944 in
Locarno starb. Während sie in der deutschen
Geschichtsschreibung
des modernen Chorgesangs nicht auftaucht, tragen in New York
die Dessoff Choirs,
die auf ihre Gründung
zurückgehen, ihren Namen bis heute.
Sabine
Fröhlich